Informationen zum Projekt


Foto: Markus Kohlmann (Tiefbau- und Vermessungsamt)

Der Sampel ist ein lebenswertes, grünes und bei seinen über 1.100 Bewohner:innen beliebtes Wohnquartier. Allerdings steht die typische Siedlung der Nachkriegsmoderne heute vor zahlreichen drängenden Herausforderungen: Der Gebäudebestand mit seinen teils eintönigen Fassaden ist von einem Sanierungsstau geprägt. Es fehlt vor allem ein barrierefreies senioren- und altengerechtes Wohnraumangebot für die älter werdende Bewohnerschaft. Die Nachbarschaften beklagen eine zunehmende Anonymität. Die „Schatzkiste“ des Wohnquartiers, die großzügigen Freiflächen, sind stark in die Jahre gekommen und wirken eingewachsen und unbelebt. Der Autoverkehr dominiert den öffentlichen Straßenraum und ruft zahlreiche Konflikte hervor.

Gleichzeitig stellen diese Herausforderungen aber auch die größten Potentiale für eine nachhaltige und zukunftsfähige Quartiersentwicklung dar. Gemeinsam mit der Bewohnerschaft widmen wir uns daher der Frage, wie der Sampel von Morgen aussehen kann.

Die Zielsetzung der Quartiersentwicklung ist, neue Qualitäten zu schaffen, die heute im Quartier fehlen, einen echten Mehrwert für die Bewohnerschaft zu erzeugen und den Sampel fit für die Zukunft zu machen.

Fotos: Gregor Schuster & Umweltamt

Dabei kann die Entwicklung des Sampel auch zu einer Blaupause für den Umgang mit den zahlreichen Wiesbadener Wohnsiedlungen aus dieser Zeit werden.

Der Experimentierraum „Im Sampel“ befindet sich mit einer Größe von rund 9,6 ha im äußersten Nordosten von Mainz-Kostheim unmittelbar an der Grenze zu Mainz-Kastel. Dabei bildet das Wohngebiet einen der letzten größeren Bausteine der Kostheimer Siedlungsentwicklung. Der Ortskern liegt rund 1,5 km entfernt im Süden und ist vor allem durch die Bahntrasse und die Hochheimer Landstraße sowie das dortige Gewerbegebiet räumlich vom Sampel getrennt.

Nördlich und westlich vom Sampel finden sich die großen Wohngebiete „Krautgärten“ und „Königsfloß“. Gemeinsam mit dem Sampel gehören diese zu den sogenannten „neuen“ Wohngebieten in Mainz-Kostheim und Mainz-Kastel, die den Entwicklungsdruck in den Nachkriegsjahren abfangen sollten. Heute wohnen dort mehr als 6.000 Menschen. Durch einen vergleichsweise hohen Anteil an sozial geförderten Wohnungen findet sich dort auch in der heutigen Zeit noch bezahlbarer Wohnraum.

Im Osten liegen die Krautgartenschule, Albert-Schweitzer-Schule und der Kostheimer Friedhof sowie eine Güterbahnlinie. Unmittelbar dahinter beginnen die Landschafts- und Erholungsräume in Richtung Käsbachtal.

Umgeben wird der Sampel von der Uthmannstraße im Westen, der Steinern Straße im Norden und der Straße Im Sampel im Osten und Süden. Trotz der Lage am Ortsrand von Mainz-Kostheim ist der Sampel sehr gut an den Busverkehr angeschlossen. Der Bahnhof in Mainz-Kastel ist ebenfalls nur wenige Gehminuten entfernt und zahlreiche lokale und regionale Radwege finden sich rund um den Sampel.

Foto: Tiefbau- und Vermessungsamt

Die integrierte Quartiersentwicklung für den Sampel von Morgen verfolgt folgende Ziele:

  1. Energetische Sanierung und Errichtung einer CO2 - neutralen Energieversorgung
  2. Aufwertung des Wohnungsbestands durch eine bedarfsorientierte Erweiterung des Wohnraumangebots
  3. Nachhaltige Revitalisierung eines lebenswerten Wohnumfelds
  4. Stärkung der Quartiersidentität, des Zusammenlebens und stabiler Nachbarschaften

Dabei bilden die vier Handlungsfelder Wohnen & Nachbarschaft, Freiraum, Mobilität und Energie die thematischen Schwerpunkte.

Ein breit angelegter Beteiligungsprozess bildet die Grundlage für die künftige Gestaltung des Sampels, um einen echten Mehrwert für die Bewohnerschaft zu schaffen. Die Bewohnerinnen und Bewohner im Sampel kennen ihr Quartier am besten und sind die Expertinnen und Experten vor Ort.

Damit sich möglichst viele Menschen beteiligen werden verschiedenste Beteiligungsformate genutzt. Diese reichen von Fragebogenaktionen über Vor-Ort-Gespräche bis hin zu Ideenwerkstätten und breit angelegten Bürgerveranstaltungen.

Zusätzlich begleiten Vertreterinnen und Vertreter der Zivil- und Sozialgesellschaft sowie aus der kommunalen Jugend-, Schul-, Polizei- und Sozialarbeit vor Ort in der sogenannten „Quartiersrunde“ den Entwicklungsprozess aus fachlicher Sicht.

Das übergeordnete Ziel für den Beteiligungsprozess ist die Schaffung einer möglichst großen Akzeptanz bei der Bewohnerschaft für die künftige Entwicklung. Zudem soll ein hohes Maß an Transparenz bei den verschiedenen Planungsschritten sichergestellt werden. 

Die Spielregeln nachhaltiger Stadtentwicklung bilden die Leitlinien für die Quartiersentwicklung des Experimentierraums. Entsprechend der Zielsetzung für einen bunten, lebendigen und grünen Sampel von Morgen liegen die Schwerpunkte in den Themenfeldern „Lebendige Stadt“, „Klimaoptimiertes Stadtgrün“, „Neue Mobilität“ und „Erneuerbare und Graue Energien“.

Lebendige Stadt

Im Sampel soll das bestehende Wohnraumangebot entsprechend der heutigen Bedarfe behutsam ergänzt werden. Dies bedeutet insbesondere, dass

  • Barrierefreie Wohnungen,
  • Kleinere Wohnungen für Alleinerziehende, Senior*innen, Studierende und Azubis,
  • Größere Wohnungen für Familien und Patchworkfamilien sowie
  • Wohnungen mit flexiblen Grundrissen für neue Wohnformen (Mehrgenerationen- oder Senior*innen-WG)

geschaffen werden. Für die Bewohnerinnen und Bewohner vor Ort soll es zudem die Möglichkeit geben, ihre aktuellen Wohnungen zu tauschen. Somit können die Menschen entsprechend ihrer Lebenssituation ihren Wohnraum anpassen und dennoch in ihrem Quartier wohnen bleiben.

Zusätzlich soll es Raum für Ideen in Erdgeschosszonen geben. Dies können zum Beispiel Gemeinschaftsräume für Stadtteilaktivitäten, Kitas oder Concierge-Services sein.

Die Nachbarschaften im Sampel sollen durch verschiedene Angebote aktiv gefördert werden. Dabei werden im Rahmen der Quartiersentwicklung unter anderem folgende Maßnahmen untersucht:

  • Ein Stadtteilbüro als Anlaufstelle während der Sanierungsphase,
  • quartiersbezogene Angebote, u.a. Betreuung für selbständiges Wohnen im Alter, Erziehungsberatung, ärztliche Betreuung,
  • ein Belegungsmanagement zur frühzeitigen Suche und Beteiligung von Mieter*innen sowie
  • ein erweitertes Angebot des Jugendpavillons mit einem neuen Jugend- und Freizeittreff im Sampel.

Klimaoptimiertes Stadtgrün

Die vielen großen Bäume, die Sträucher und Wiesen sind der heimliche „Schatz“ des Sampels. Ihre wichtigen ökologischen und Klimafunktionen sollen erhalten bleiben. Gleichzeitig stellt dieser weitläufige Freiraum auch das größte Gestaltungspotential dar, um zu einer Belebung und Attraktivierung des Wohnumfelds beizutragen. Dies soll durch folgende Maßnahmen erreicht werden:

  • eine Stärkung der Nachbarschaftshöfe als identitätsstiftende Begegnungsräume durch eine gemeinsame Gestaltung mit der Bewohnerschaft,
  • das Bewahren der Grünflächen und Baumbestände sowie weitgehende Entsiegeln befestigter Flächen durch eine klimaoptimierte und wassersensible Umgestaltung,
  • die Belebung der Grünachse mit vielfältigen integrativen Begegnungsorten, ergänzt durch Nutzungen in den Erdgeschosszonen, die Frequenz und soziale Kontrolle sichern,
  • die Schaffung eines attraktiven Quartiersmittelpunkts an der ehemaligen Bäckerei sowie
  • vielfältige (Sport-)Nutzungen und Aufenthaltsmöglichkeiten für Jugendliche und junge Erwachsene im Quartier.

Neue Mobilität

Das private Auto ist das dominierende Verkehrsmittel im Quartier, obwohl der Sampel sehr gut an sämtliche Verkehrsnetze angebunden ist. Dies schließt den Bus- und Radverkehr ebenso ein wie die Fußwege und die Anbindung an den Bahnhof in Mainz-Kastel. Daher soll die Quartiersentwicklung vor allem die Nahmobilität für die Bewohnerinnen und Bewohner fördern:

  • ein attraktives Fuß- und Radwegenetz, dass sehr gut mit dem Umfeld vernetzt ist,
  • die Entsiegelung der Stichstraßen mit sicheren Querungsmöglichkeiten,
  • ein neu organisiertes Parkraumangebot und
  • die Förderung alternativer Mobilitätsangebote wie Carsharing, Bikesharing und E- Lastenräder

Erneuerbare Energien

Ein wichtiger Bestandteil zum Erreichen der Klimaschutzziele in Wiesbaden ist der Umbau der Energieversorgung von Gebäuden. Durch die Quartiersentwicklung soll dies auch im Sampel angegangen werden. Das Ziel ist, ein klimaneutrales Quartier zu entwickeln, und zwar durch

  • den Aufbau eines CO2-freien Wärmenetzes für Warmwasser und Heizung,
  • die Reduzierung des Energiebedarfes durch energetische Sanierungen der Gebäude und
  • die Errichtung von Photovoltaik- und Solarthermieanlagen auf den Dächern und an den Fassaden.

Dabei soll auch untersucht werden, wie der Sampel als Keimzelle für die Wärmeversorgung dienen und weitere Wohngebiete in der Umgebung mitversorgen kann.

Rahmenplan

Das Stadtplanungsamt, das Umweltamt und die städtische Wohnungsbaugesellschaft GWW entwickeln gemeinsam auf der Grundlage der Ergebnisse des Dialogprozesses einen städtebaulich-freiraumplanerischen Rahmenplan für den Sampel. Der Rahmenplan ist einer der Hauptbestandteile des integrierten Quartiersentwicklungskonzeptes. Er bildet die beschriebenen Zielsetzungen aus den Maßnahmenbereichen Wohnen & Nachbarschaft, Freiraum, Mobilität und Energie ab.

Der Rahmenplan wird mit Fachgutachten zu klimatischen Auswirkungen, der Energieversorgung und der Mobilität flankiert.

Dialogprozess

Jeder Umbau im Bestand setzt immer einen integrativen Beteiligungsprozess voraus, der die Bewohnerschaft von Beginn an gut einbindet.

Als wichtiger Baustein zur Vorbereitung des Rahmenplans fand hierfür in der ersten Jahreshälfte 2023 eine umfassende „Erkundungsphase“ statt. Ziel war es, den Sampel und seine Bewohnerschaft mit seinen Potenzialen und Bedarfen kennenzulernen. Dafür wurden Fragebogenaktionen, Vor-Ort-Gespräche oder auch Rundgänge mit Bewohner*innen durchgeführt. Zudem wurde eine gemeinsame Gesprächsrunde, die sogenannte „Quartiersrunde“, ins Leben gerufen. Diese setzt sich aus verschiedenen Vertreterinnen und Vertretern der Zivil- und Sozialgesellschaft sowie aus der kommunalen Jugend-, Schul-, Polizei- und Sozialarbeit zusammen. Sie soll insbesondere bei den Themen Beteiligung und Kriminalprävention unterstützen.

Öffentliche Bürgerveranstaltungen stellen einen weiteren wichtigen Baustein des Dialogprozesses dar. Bei diesem werden Ergebnisse vorgestellt und die Bewohnerschaft kann unmittelbar mit den Verantwortlichen der Quartiersentwicklung in Austausch treten.

Mit dem ersten „Sampel-Dialog“ im Juli 2023 fand der öffentliche Auftakt für die Bewohnerschaft statt. Bei dieser Veranstaltung konnten Anmerkungen, Ideen und Hinweise zur Quartiersentwicklung gegeben werden. Diese werden in die weiteren Planungen aufgenommen und berücksichtigt. Im Verlauf der Quartiersentwicklung sollen zu gegebener Zeit weitere „Sampel-Dialoge“ folgen.

Im Februar und März 2024 fand die „Werkstattphase“ statt. In dieser wurden Bürgerwerkstätten abgehalten, bei denen die Themen Freiraum, Energie und Mobilität gemeinsam mit den Expert:innen diskutiert und gestaltet wurden. Somit hatte die Bewohnerschaft erneut die Möglichkeit, sich einzubringen und so die Quartiersentwicklung aktiv mitzugestalten.

Im zweiten Halbjahr sollen bei einem zweiten „Sampel-Dialog“ die Ergebnisse der Werkstattphase vorgestellt und wie die Anregungen aus der Bürgerschaft bei der Planung berücksichtigt werden. Zudem soll es auch hier wieder einen Ausblick auf den weiteren Entwicklungsprozess geben. Genauere Informationen werden zu gegebener Zeit unter „Termine und Aktuelles“ veröffentlicht.

Katerina Kucera
Stadtplanungsamt

Tel.: 0611 31- 6499
E-Mail: staedtebauliche-sonderprojekte@wiesbaden.de


Nico Lörsch
Stadtplanungsamt

Tel.: 0611 31- 6499
E-Mail: staedtebauliche-sonderprojekte@wiesbaden.de


Susanne Lange
Stadtplanungsamt

Tel.: 0611 31- 3702
E-Mail: umweltkoordination@wiesbaden.de